Interview mit Cornelia Zuschke
Beigeordnete für Planen, Bauen, Mobilität und Grundstückswesen der Landeshauptstadt Düsseldorf
Integrierte Quartiersentwicklung ist mittlerweile zentraler Bestandteil der Düsseldorfer Stadtentwicklung. Was waren die Gründe dafür, dass die Stadt dem Thema Quartiersentwicklung mittlerweile einen wichtigen Platz einräumt?
Die Integrierte Quartiersentwicklung ist bereits seit Langem zentraler Bestandteil der Stadtentwicklungsplanung in Düsseldorf. Bereits Ende der 90er Jahre wurden für Flingern/Oberbilk integrierte Handlungskonzepte erstellt und beide Gebiete wurden in das Landesprogramm für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf aufgenommen. Allerdings hat das Thema in den letzten Jahren immens an Bedeutung gewonnen. Die dynamische Wirtschaftsentwicklung Düsseldorfs sowie steigende Bevölkerungszahlen in den letzten Jahrzehnten führen zu der Herausforderung, dass einzelne Gebiete und Viertel hinter der positiven gesamtstädtischen Entwicklung zurückbleiben.
Daher wurde dieser integrierte Ansatz als Strategie auf die Gesamtstadt angewandt sowie die Organisationsform (politischer Steuerungskreis) verändert und damit insgesamt gestärkt. Mit dem Rahmenkonzept ZUKUNFT QUARTIER.DÜSSELDORF nutzen wir zusätzlich die Chance, die integrierte enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren auf der Quartiersebene weiter auszubauen, unter anderem durch große Akteurskonferenzen. Darüber hinaus hat uns die Corona-Pandemie gezeigt, dass das Quartier und die Nachbarschaft mehr als je zuvor eine entscheidende Rolle in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben übernehmen.
Was ist das vorrangige Ziel, das die Stadt durch die Neuausrichtung der Stadtentwicklung erreichen will?
Es ist weniger eine Neuausrichtung, mehr ein Bedeutungszuwachs: Wie bereits angedeutet, fokussieren sich in einigen Quartieren und Stadtteilen Potenziale und Chancen, aber auch Herausforderungen und Problemlagen. Gemeinsam mit Verwaltung, Politik und den vielfältigen Akteuren der Quartiersentwicklung – auch den Wohlfahrtsverbänden – ist unser oberstes Ziel: Alle Menschen in Düsseldorf haben in allen Quartieren ähnliche Lebens- und Entwicklungschancen. Sie profitieren gleichermaßen von der Dynamik der Stadt.
ZUKUNFT QUARTIER.DÜSSELDORF zeigt auf, wie Quartiere und Nachbarschaften widerstandsfähiger werden und auch unter Stress Leistungen aufrechterhalten können – ohne dabei ihre Eigenart und Individualität zu verlieren. Erreicht werden sollen:
- qualitätvolle, wertige, gesunde und sichere Lebens-, Wohn- und Arbeitsverhältnisse
- soziale, kulturelle und sportliche Freizeit- und Bildungsangebote, insbesondere für Familien, für junge, alte und behinderte Menschen.
- Beteiligung, Partizipation sowie Mitwirkung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen.
Welches Budget stellt die Stadt dafür zur Verfügung?
ZUKUNFT QUARTIER.DÜSSELDORF finanziert sich zu großen Teilen aus verschiedenen Förderprogrammen von Land, Bund und EU und bietet mit dem integrierten Ansatz auch eine Plattform für neue Programme. Für die Fortschreibung Garath 2.0 beläuft sich der städtische Eigenanteil beispielsweise auf etwa sieben Millionen Euro. Im Kleinen – also in Quartieren ohne Förderkulisse – konzentriert sich das städtische Budget auf Maßnahmen und Projekte, die eine Impulswirkung für das Quartier haben wie etwa Workshops oder Nachbarschaftsaktionen. Hier reichen oft wenige hundert Euros für einzelne Aktionen aus.
Auf welche Kooperationspartner*innen setzt die Stadt, um dieses Ziel zu erreichen und welche Rolle fällt den Wohlfahrtsverbänden zu?
In den vergangenen Jahren haben mehrere Konferenzen zur integrierten Quartiersentwicklung äußerst erfolgreich stattgefunden – zuletzt mit knapp 200 Teilnehmer*innen. Die Teilnehmenden kommen aus den verschiedensten Bereichen – Jugend, Senioren, Umwelt, Wirtschaft, Wohnen, Religion, Mobilität, Migration, Politik, Verwaltung – und ganz besonders engagiert auch aus dem Bereich der Wohlfahrtsverbände.
Die Arbeit der Wohlfahrtsverbände – sei es in den Kitas, in den Offenen Ganztagsschulen, in den Jugend-, Nachbarschafts-, Aktiv- und Stadtteiltreffs, in den "zentren plus", in den "welcome points" und in den zahlreichen weiteren Projekten – ist essentiell für die bedarfsgerechte Bereitstellung von sozialer Infrastruktur.
Die Arbeit der Wohlfahrtverbände in den Quartieren ist sozusagen der Kitt, der den sozialen Zusammenhalt schafft. Ob kleine oder große Herausforderungen – dem Engagement aller Beteiligten und dem erfolgreichen Zusammenspiel mit den Wohlfahrtsverbänden gebühren große Anerkennung und herzlicher Dank.
Zu welchen konkreten Ergebnissen hat die integrierte Quartiersentwicklung schon geführt und wie sehen die Planungen für die kommenden Jahre aus?
Die konkreten Ergebnisse sind vielfältig. Sie reichen unter anderem von einem sehr nachgefragten Workshop zum Thema Nachbarschaft und Nachhaltigkeit mit Kindern und Jugendlichen, über anregende Nachbarschaftsaktionen zur besseren Vernetzung der Menschen untereinander, bis hin zu erfolgreichen Bewerbungen an verschiedenen Förderprogrammen - zum Beispiel Sozialer Zusammenhalt, Gesundheitsprävention, Sofortprogramm Innenstadt und Stadtteilzentren. Hieraus entstehen sehr konkrete Projekte und Orte, wie beispielsweise der AWO Aktiv- und Stadtteiltreff in Wersten in unserem sozialen Stadtgebiet.
Nun und zukünftig bleibt erst einmal abzuwarten, was die Pandemie noch für Überraschungen für uns bereithält, aber wir wollen unbedingt mehr in den Quartieren sein. Hierzu haben wir zwölf sogenannte Handlungsräume identifiziert. Wir werden nicht in allen gleichzeitig aktiv sein, aber wo immer es möglich ist, werden wir die vorhandenen Entwicklungspotenziale nutzen und mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort Projekte anstoßen die langfristig wirken.
Es geht schließlich um spürbare Verbesserungen für die Menschen in den Quartieren, um Orte der Identifikation und Heimat, der Integration und des Zusammenlebens, um den langfristigen Erfolg der gesamten Stadt.
Das Gespräch führte Elisabeth Hartmann.