(keh) Wer als junger Flüchtling nach Deutschland kommt, muss sich in der neuen Welt erstmal zurechtfinden: Es gilt nun nicht nur, eine neue Sprache zu lernen, sondern auch Qualifikationen sowie persönliche Kenntnisse neuzuordnen und in ein neues System zu integrieren. Vielfach sind soziale und familiäre Kontakte durch die Flucht unterbrochen worden. Keine bzw. unzureichende Sprachkenntnisse erschweren diese Neuorientierung. Hinzu kommen unsichere Aufenthaltsperspektiven und prekäre finanzielle Ressourcen. Trotzdem heißt es überall „Sale!“, „Sofort-Kredit!“, „Heute kaufen, später zahlen“.
Stefanie Müller und Markus Schardin helfen jungen Flüchtlingen, sich in der Konsumwelt zurechtzufinden. (Foto: kws)
Um die jungen Menschen, die zum Teil ohne ihre Eltern aus Kriegs- und Krisenregionen zu uns geflüchtet sind, nicht in die Konsumfalle tappen zu lassen, haben die AWO Berufsbildungszentrum gGmbH (BBZ) und die Schuldner- und Insolvenzberatung der AWO Familienglobus gGmbH eine Kooperationsvereinbarung geschlossen.
Junge Menschen, die an der von der Agentur für Arbeit geförderten BBZ-Maßnahme „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ (PerjuF) teilnehmen, sollen im Umgang mit Geld geschult werden. Ziel ist es, diese jungen Menschen zu befähigen, verantwortungsvoll und vorausschauend mit den Geldmitteln zu haushalten, die ihnen zur Verfügung stehen, und damit Ver- und Überschuldung, durch die Verlockungen der Konsumwelt zu verhindern.
Das präventive Angebot, das gemeinsam durch Mitarbeitende des BBZ und der Schuldnerberatung durchgeführt wird, gliedert sich in verschiedene sprachlich angepasste Module. Zunächst lernen die jungen Leute die Grundlagen des hiesigen Geld- und Finanzsystems kennen. Das reicht von der Benennung der einzelnen Münzen und Scheine über Fragen wie „Was ist ein Kredit?“, „Was sind Zinsen und wie werden sie berechnet?“ und „Wie finde ich den günstigsten Handyvertrag?“ bis hin zu praktischen Hilfen beim Ausfüllen einer Überweisung oder der Budgetplanung.
„Die jungen Flüchtlinge sind hier vielen Verlockungen ausgesetzt, die für sie völlig neu sind“, sagt Markus Schardin, Leiter der Schuldner- und Insolvenzberatung der AWO Familienglobus gGmbH. „Um dauerhaft in die deutsche Gesellschaft integriert zu werden, müssen sie nicht nur Deutsch lernen, sondern auch den Umgang mit Geld. Und genau dabei wollen wir ihnen helfen“, so Schardin. Stefanie Müller, Projektleiterin im BBZ, ergänzt, dass der Aufbau von lebenspraktischen Fertigkeiten wie der finanziellen Handlungskompetenz ein wichtiger Baustein zur Entwicklung der Ausbildungsreife sowie der beruflichen (Neu-)Orientierung darstellt. „Das Angebot ist eine wertvolle Ergänzung der schon vorhandenen Projektbausteine“, so Stefanie Müller.