Gerontopsychiatrie ist keine Endstation

Lore-Agnes-Haus der AWO VITA hilft bei der Verselbstständigung

(vck/keh) Das Lore-Agnes-Haus der AWO VITA gGmbH ist eine gerontopsychiatrische Facheinrichtung. In den vergangenen Jahren hat sich das Haus nicht nur optisch verändert, sondern entwickelt sich derzeit auch konzeptionell weiter. So entsteht sukzessive eine Verselbständigungsgruppe. Ganz im Sinne des Enthospitalisierungsgedankens hat nun der erste Bewohner das Lore-Agnes-Haus nach zweijähriger Unterstützungsphase wieder verlassen und eine  eigene Wohnung bezogen.

Geschafft! Der ehemalige Bewohner des Lore-Agnes-Hauses der AWO VITA gGmbH hat seine neue Bleibe in Düsseldorf-Gerresheim bezogen und freut sich sichtlich, nun auch einen eigenen Balkon zu haben. (Fotos: Katrin Schmid)

Mit einer psychiatrischen Einrichtung alten Stils hat das Lore-Agnes-Haus nichts mehr gemein. Es gibt keine abgeschlossenen Türen, keine starren Regeln und Vorschriften, geschweige denn Zwangsmaßnahmen. Im Gegenteil: Das Haus ist offen, hell und freundlich gestaltet, es hat einen schönen großen Garten, ein Café nebst Kiosk, gemütliche Sitzecken. Nichts erinnert hier mehr an die Psychiatrie-Tristesse vergangener Jahrzehnte. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden vom Fachpersonal dabei unterstützt, möglichst selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten und zu genießen.


 
Das Lore-Agnes-Haus der AWO VITA gGmbH ist nach Renovierung und Erweiterung das modernste Haus der AWO Düsseldorf.

„Wir geben unseren Bewohnerinnen und Bewohnern nicht nur die bestmögliche medizinische und psychiatrische Unterstützung und Hilfe. Wir wollen, dass sich die Menschen hier wohl fühlen und das Lore-Agnes-Haus als ihr Zuhause wahrnehmen“, erklärt Jürgen Jansen, Geschäftsführer der AWO VITA gGmbH.

Ziel der räumlichen Planung und des Pflegekonzeptes ist, eine hohe Lebensqualität für die dort lebenden Frauen und Männer zu erreichen. Das geschieht zum einen durch die hohe Fachlichkeit der dort arbeitenden Menschen, zum anderen durch Wohnlichkeit und familiäre Strukturen, kurzum durch möglichst viel Normalität dort, wo man sie vielleicht gerade nicht erwartet.

 

Der erste Bewohner hat es geschafft: Dank der Unterstützung des Fachpersonals im Lore-Agnes-Haus konnte er sein Leben wieder in die Hand nehmen und in eine eigene Wohnung ziehen.

Das Konzept der AWO VITA gGmbH geht aber noch einen Schritt weiter. Das Lore-Agnes-Haus kann, muss aber kein dauerhafter Lebensmittelpunkt der dort lebenden Menschen sein. Daher ist derzeit eine  Verselbstständigungsgruppe im Aufbau. Sie soll den Bewohnerinnen und Bewohnern zukünftig die Möglichkeit geben, weitgehend selbstständig ihr Leben innerhalb des Hauses zu gestalten und sie befähigen, gegebenenfalls später eigenständig oder in einer ambulanten Wohnform leben zu können. Dies entspricht dem Ambulantisierungsgedanken, der vom Gesetzgeber ebenso gefordert wird wie vom Kuratorium Deutsche Altenhilfe. Stationäre Strukturen, auch gerontopsychiatrische, sollen keine Einbahnstraße und keine Endstation sein.

Dieses neue Konzept zeigt mit dem Wiederauszug eines Bewohners nun erste Erfolge: Der Mann war vor knapp drei Jahren ins Lore-Agnes-Haus gekommen. Mit der Aufnahme besserte sich sukzessive sein Zustand. Durch gezielte milieutherapeutische Angebote konnte der damals 60-Jährige physisch und psychisch stabilisiert werden und Schritt für Schritt sein Leben wieder in die Hand nehmen.

 
Was koche ich denn heute? In der neuen Wohnung werden die Lebensmittel in Augenschein genommen.


Dank der guten Vernetzung innerhalb der Senioren- und Behindertenhilfe der AWO VITA gGmbH ist der Mann nun in das Wohnprojekt „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in Düsseldorf-Gerresheim gezogen. Dort wird der neue Mieter selbstständig und eigenverantwortlich leben. Sollte er Unterstützung im hauswirtschaftlichen Bereich oder bei der Behandlungspflege benötigen, so wird er diese vom ambulanten Dienst der AWO VITA erhalten. Bei psychischen Krisen ist unter Umständen eine kurzfristige Wiederaufnahme im Lore-Agnes-Haus möglich.

Das Haus wurde vor 60 Jahren eröffnet und nach der Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin Lore Agnes benannt, die an der Gründung der AWO Düsseldorf im Jahr 1919 maßgeblichen Anteil hatte. Das Haus an der Nixenstraße in Wersten war die erste Senioreneinrichtung der AWO Düsseldorf. Nach mehreren Umbauten und mit fachlicher Unterstützung des Kuratoriums Deutsche Altenhilfe erhielt das Haus in den 80er Jahren die Anerkennung als „geronto-psychiatrische Facheinrichtung“. Seither ist das Haus eine offene, vollstationäre Facheinrichtung für ältere Menschen mit einer psychiatrischen Grunderkrankung, das einzige Altenheim dieser Art in der Landeshauptstadt Düsseldorf. Seinen jüngsten Um- und Anbau erfuhr das Haus zwischen 2012 und 2015, so dass chronisch psychisch kranke alte Menschen nunmehr in einem modernen Ambiente gepflegt und gefördert werden.


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