Jugendberufshilfe im Fokus

AWO Berufsbildungszentrum: 40 Jahre mit Herz dabei / Fachtag

(keh) Am Schluss waren sich alle weitgehend einig: Jugendberufshilfe ist notwendig und erzielt gute Erfolge. Doch die Rahmenbedingungen, unter denen diese Hilfe geleistet wird, sind nicht optimal.

Verantwortlich hierfür seien einerseits die zeitlich eng begrenzten Projektförderungen der Bundes- und Landesprogramme, zum anderen die Vergabekriterien der Regionalen Einkaufszentren (REZ). Diese entscheiden seit 2005 über die Vergabe von Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit und würden sich hierbei zu stark am Preis und zu wenig an der Qualität orientieren, so der Vorwurf. Dennoch sei es den Akteuren auf dem Feld der Jugendberufshilfe in der Landeshauptstadt bisher gelungen, wirkungsvolle Maßnahmen zu entwickeln und durchzuführen und somit Jugendlichen und jungen Menschen den Weg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu ebnen.


 
Kämpfen gemeinsam für die Jugendberufshilfe in der Landeshauptstadt: (v.l.) Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf, Wolfgang Förster, Geschäftsführer der AWO Berufsbildungszentrum gGmbH, und Ingo Zielonkowsky, Vorsitzender der Geschäftsführung des Jobcenter Düsseldorf. (alle Fotos: kws)

„Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Jugendberufshilfe“ lautete das Thema eines Fachtags, zu dem die AWO Berufsbildungszentrum gGmbH (BBZ) an den Flinger Broich geladen hatte. Anlass war das 40-jährige Bestehen des BBZ, das im Laufe dieses Jahres noch mehrere Veranstaltungen organisieren wird.

Die AWO Düsseldorf hatte 1978 aufgrund der hohen Zahl jugendlicher Arbeitsloser ihre Arbeitsfelder um die berufliche Bildung erweitert und erstmalig einen berufsvorbereitenden Lehrgang für zwölf ausländische Jugendliche angeboten. Aus diesen kleinen Anfängen entwickelte sich im Laufe der Jahre das BBZ, in dem heute über 1000 benachteiligte junge Menschen an sieben Standorten auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Auch Schulsozialarbeit sowie die Offene Ganztagsschule gehören seit langem zu den Aufgabenfeldern des BBZ.

 

Auch Vertreterinnen und Vertreter aus Rat und Verwaltung der Landeshauptstadt waren zum Fachtag ins BBZ gekommen. Unser Foto zeigt (v.l.) BBZ-Geschäftsführer Wolfgang Förster, Ursula Holtmann-Schnieder, Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, AWO Kreisgeschäftsführerin Marion Warden, Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke und Stadtdirektor Burkhard Hintzsche.

BBZ-Geschäftsführer Wolfgang Förster begrüßte bei der Auftaktveranstaltung eine illustre Gästeschar. Unter ihnen Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke, Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf, Roland Schüßler, den Vorsitzenden der Geschäftsführung des Jobcenters Düsseldorf, Ingo Zielonkowsky, Prof. Dr. Stefan Sell von der Hochschule Koblenz sowie die neue Kreisgeschäftsführerin der AWO Düsseldorf, Marion Warden. Auch viele Mitarbeitende des BBZ und weitere Experten aus der Region waren der Einladung zum Fachtag gefolgt. Sie alle erlebten eine sehr lebhafte und informative Veranstaltung, bei der auch kontrovers diskutiert wurde.


 
Auch zahlreiche Mitarbeitende des BBZ waren zum Fachtag gekommen und folgten interessiert der Diskussion.

Einigkeit herrschte in dem Punkt, dass die Rahmenbedingungen der Jugendberufsbildung zwar verbesserungsbedürftig sind, dass die Landeshauptstadt dennoch verhalten optimistisch in die Zukunft blicken kann. Die Landeshauptstadt, die Agentur für Arbeit, das Jobcenter und das AWO Berufsbildungszentrum arbeiten seit vielen Jahren erfolgreich zusammen und wollen auch künftig bei der Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration junger Menschen an einem Strang ziehen.

 

Prof. Dr. Stefan Sell hielt ein Impulsreferat zum Thema „Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Jugendberufshilfe“.

Das BBZ hatte Stefan Sell, Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz und anerkannter Experte in Arbeitsmarktfragen, als Hauptredner für die Veranstaltung gewinnen können. Sell outete sich als Schul- und Ausbildungsabbrecher, „aus dem dann doch noch halbwegs etwas geworden ist“. Jugendberufshilfe heißt für ihn, den jungen Leuten, die keine gradlinige (Aus-)Bildungsbiographie haben, „eine zweite, dritte, vierte oder auch fünfte Chance zu geben“. Das duale Ausbildungssystem sieht er einem doppelten Druck ausgesetzt: Zu einen drängten immer mehr Abiturienten auf den Ausbildungsmarkt, zum anderen stiegen die Ansprüche an die Azubis ständig, was zu einer „Bachelorisierung“ der dualen Ausbildung führe, an der „Schulscheiterer dann erneut scheitern“.

Das Problem der Jugendberufshilfe sei die fehlende Infrastrukturförderung. Die öffentliche Hand fördere zeitlich eng begrenzte Projekte und öffentlich ausgeschriebene Arbeitsmarktdienstleistungen. Erforderlich seien aber verlässliche und langfristige Angebotsstrukturen mit gefestigten Kooperationen. Stattdessen seien die Mitarbeitenden in der Jugendberufshilfe oft selbst prekär beschäftigt und schlecht bezahlt. „Der Preis entscheidet über die Vergabe von Maßnahmen, nicht die Qualität“, so Prof. Sell.
     

Gabriele Schmitz, BBZ-Abteilungsleiterin für den Bereich SGB II, und Christian Klevinghaus, BBZ-Abteilungsleiter für den Bereich SGB III. gaben Einblicke in die Arbeit des AWO Berufsbildungszentrums.

Diese Ausgangslage mit erfahrenen und tarifgebundenen Anbietern auf dem Feld der Jugendberufshilfe einerseits und privaten, nicht-tarifgebundenen Akteuren andererseits stand auch im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion, die von Michael Kipshagen, ehemaliger Kreisgeschäftsführer der AWO Düsseldorf, geleitet wurde.


 
Michael Kipshagen (l.), ehemaliger Kreisgeschäftsführer der AWO Düsseldorf, moderierte die Podiumsdiskussion mit (v.l.) Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, Agenturchef Roland Schüßler, Jobcenter-Chef Ingo Zielonkowsky, Prof. Stefan Sell und BBZ-Geschäftsführer Wolfgang Förster.

BBZ-Geschäftsführer Wolfgang Förster argumentierte, dass die AWO keine Angst vor Wettbewerb habe, dass aber die bestehende Vergabepraxis keine Planungssicherheit gebe, Qualitätsentwicklung nur über einen längeren Zeitraum möglich sei und Tariflohn ein Qualitätskriterium sein müsse. Stadtdirektor Burkhard Hintzsche gab zu bedenken, dass ein gewisser Wettbewerb zwischen den Anbietern zwar gewünscht sei. Gleichzeitig dürften die aufgebauten Strukturen „nicht alle drei Jahre zur Disposition gestellt werden“. Dies sei ja beispielsweise bei Beauftragungen im Bereich der Erzieherischen Hilfe auch nicht der Fall.

„Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Jobcenter-Chef Ingo Zielonkowsky. Durch die Eröffnung Jugendjobcenters vor zehn Jahren sei die Zahl der jungen Arbeitslosen in der Landeshauptstadt gesunken. Ähnlich sah das auch Roland Schüßler, Chef der Agentur für Arbeit in Düsseldorf. Er betonte, dass in der Landeshauptstadt „noch keine einzige Maßnahme am Geld gescheitert sei“. „Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Die Reform des Vergaberechts ist durch, da geht in den nächsten Jahren keiner dran“, resümierte Prof. Sell.


 
Katja Klotz, Assistentin der BBZ-Geschäftsführung, und Pervin Kaya, Projektassistentin KAUSA Servicestelle Düsseldorf, freuen sich bereits auf die nächste Veranstaltung im Rahmen der 40-Jahr-Feierlichkeiten des Berufsbildungszentrums: Das  große Sommerfest am 29. Juni 2018. Es findet auf dem Gelände des BBZ am Flinger Broich 12 statt und wird von Oberbürgermeister Thomas Geisel eröffnet.

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