Rentensystem muss reformiert werden

 

Prof. Dr. Gerhard Bäcker beim Frühlingsempfang der AWO Düsseldorf

(keh) „Altersarmut“ lautete das Thema des Frühlingsempfangs, zu dem die AWO Düsseldorf ins tanzhaus nrw geladen hatten. Kreisvorsitzender Karl-Josef Keil konnte zahlreiche Gäste begrüßen, unter ihnen Oberbürgermeister Thomas Geisel, Staatssekretär Karl-Heinz Krems, den Landtagsabgeordneten Markus Weske, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf, Roland Schüßler, Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke, Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, den Beigeordneten Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke, Mitglieder des Vorstands der AWO Düsseldorf, AWO-Kreisgeschäftsführer Michael Kipshagen sowie zahlreiche weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft und natürlich auch zahlreiche Mitarbeitende der AWO Düsseldorf.


 
AWO-Kreisvorsitzender Karl-Josef Keil, Prof. Dr. Gerhard Bäcker und Oberbürgermeister Thomas Geisel (v.l.) im Gespräch. (alle Fotos: kws)

Wie kann die Rentenversicherung trotz der demographischen Entwicklung finanzierbar bleiben? Mit welchen Mitteln müssen Politik und Gesellschaft dieser Herausforderung begegnen? Lässt sich eine Sicherung des Lebensstandards weiterhin gewährleisten oder drohen große Teile der Bevölkerung im Alter zu verarmen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Dr. Gerhard Bäcker. Er lehrte „Soziologie des Sozialstaats“ an der Uni Duisburg-Essen, forscht am dortigen Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) und war Gastredner der Veranstaltung.


 
FDP-Ratsherr Rainer Matheisen, BBZ-Geschäftsführer Wolfgang Förster, AWO-Kreisvorsitzender Karl-Josef Keil und Beigeordneten Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke (v.l.) mit floralem Frühlingsgruß.

Seiner Ansicht nach ist das deutsche Rentensystem für die Zukunft gewappnet. Die Umlagefinanzierung habe sich auch in der Finanzkrise als äußerst stabil gezeigt. Allerdings sieht der Sozialwissenschaftler „dringenden und zwingenden“ Reformbedarf des Rentensystems. „Die Rentenversicherung muss wieder in die zentrale Position kommen. Betriebliche und private Altersvorsorge dürfen kein Ersatz, sondern nur eine Ergänzung darstellen“, so die Forderung des Wissenschaftlers.

Wie Prof. Dr. Bäcker weiter ausführte, gebe es in der Rentenpolitik Reformbedarf auf zwei Ebenen: Zum einen seien Reformen auf dem Arbeitsmarkt notwendig. Die Politik müsse dafür sorgen, dass prekäre Verhältnisse und Niedriglöhne abgeschafft werden. Nur wenn die Menschen durch ihre Arbeit genug verdienten, könnten sie auch ausreichend in die  Rentenversicherung einzahlen und so die Voraussetzungen für sichere Renten schaffen. Gleichzeitig müssten die Alterssicherungssysteme reformiert werden. Prof. Dr. Bäcker sprach sich klar für eine allgemeine Erwerbstätigen-Versicherung aus, in die auch Selbstständige einzahlen. Zudem müssten kapitalgedeckte Versicherungsformen wie Riester-Rente und betriebliche Alterssicherung modifiziert werden.


 
AWO-Kreisgeschäftsführer Michael Kipshagen (r.) hatte Stadtdirektor Burkhard Hintzsche für ein kurzes Interview auf die Bühne geholt.

Immer weniger Menschen könnten künftig von ihrer Rente leben, sollten diese Reformen nicht zügig angepackt und umgesetzt werden. Derzeit seien bereits viele Berufstätige auf staatliche Aufstockung angewiesen, da sie zu wenig verdienten. Dies gelte für Minijobber, für Leiharbeiter, befristet Beschäftigte, das Heer selbstständig Beschäftigter sowie für über eine Million Rentenempfänger und vor allem -empfängerinnen und für Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Gerade für diese Menschen sei die Gefahr besonders groß, auch im Alter auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein. Die Hoffnung, dass private und betriebliche Vorsorge diese Lücke schließen könnten, habe sich nicht erfüllt.

Dennoch zeigte sich Prof. Dr. Bäcker optimistisch: Wenn die Politik ein überzeugendes Gesamtkonzept zur Alterssicherung beschließe, sieht er gute Chancen, dass die Menschen künftig von ihrer Arbeit und später auch von ihrer Rente unter Beibehaltung ihres Lebensstandards leben können: „Das kann und muss funktionieren. Die gesamtgesellschaftliche Situation ist gut.“

Zuvor hatte Oberbürgermeister Thomas Geisel das Wort ergriffen und der AWO Düsseldorf zunächst für ihre „wichtige und gute Arbeit“ in der Landeshauptstadt gedankt. Wie Geisel ausführte, lebten in Düsseldorf 8500 Menschen an der Armutsgrenze und seien auf Grundsicherung angewiesen.  Diese finanzielle Armut führe auch zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung, so Geisel weiter. Mit 32 Zentren plus, dem Seniorenherbst und vielen anderen Projekten versuche die Landeshauptstadt, die alten Menschen aus ihrer Isolation zu holen.


 
Das Bernd Lier Swing Ensemble sorgte für die musikalische Untermalung des Empfangs.

Kabarettist Frank Lüdecke in Aktion.

Einen amüsanten Kontrapunkt zu diesem doch sehr ernsten Thema setzte anschließend der Kabarettist Frank Lüdecke, der einen vergnüglichen Blick in die Seele zivilisationsgestresster Mitteleuropäer warf: Könnten sich noch mehr Menschen in Deutschland ehrenamtlich engagieren, wenn es bezahlt würde? Bedeutet Chancengleichheit, dass der Langsamste die Reisegeschwindigkeit aller bestimmt? Sind die staatlichen Schulen die AOK des Bildungswesens? Heißt es noch "Familie"? Oder bereits "WhatsApp-Gruppe"? – Kein Thema, das der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises nicht auf die Schippe nahm. Am Schluss schaffte er es sogar, dass der ganze Saal den Refrain eines Liedes von Simon & Garfunkel mitsang.

Ein wahrlich gelungener Auftritt und ein gelungenes Fest.


 
Gemeinsam mit ihrer Ausbilderin Katja Benecke (hinten rechts) banden Auszubildende der Floristik aus dem AWO Berufsbildungszentrum beim Frühlingsempfang farbenfrohe Blumensträuße.

 

Natürlich war auch für das leibliche Wohl der Gäste bestens gesorgt. Die AWO.DUS Catering, ein Tochterunternehmen der AWO Düsseldorf, hatte Fingerfood, Kuchen und Desserts vorbereitet. Unser Foto zeigt Christian Kupries, bei den letzten Vorbereitungen.      (Foto: Uwe Schaffmeister)

Blick auf den Veranstaltungssaal im tanzhaus nrw beim Frühlingsempfang der AWO Düsseldorf.

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