Sensibilität für psychische Gewalt steigern

Kinderschutzfachtag der AWO Familienglobus gGmbH

Nuran Breuer, Geschäftsführerin des Familienglobus, Renate Schäfer-Sikora, stellvertretende Leiterin des Amts für Soziales und Jugend, Aleksandra Schmidt, Hauptabteilungsleiterin Beratung Erzieherische Hilfen, Dr. Gabriele Komesker, Ärztliche Leiterin der Kinderschutzambulanz am Evangelischen Krankenhaus und Heike Karohl, Organisatorin des Fachtags und Kinderschutzfachkraft (v.l.)

 

Das Thema des Kinderschutzfachtags der AWO Familienglobus gGmbH war auch in diesem Jahr gleichermaßen anspruchsvoll wie gewichtig: „Gewalt an der Seele – Die scheinbar unsichtbare Gewalt (?!) Erscheinungsformen, Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten bei psychischer Gewalt“.

Zum vierten Mal fand die Fachveranstaltung für und mit Kolleg*innen aus vielen verschiedenen Bereichen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bei der AWO statt. „Wir stärken mit dem Fachtag den praxisnahen und interdisziplinären Austausch. Das erhöht die Sensibilität für eine Gewaltform, die oft schwer zu erkennen ist“, sagte Nuran Breuer, Geschäftsführerin des Familienglobus. Sehr gut besucht bot der Fachtag neben Vorträgen und Workshops auch viel Raum für Gespräche unter den Kolleg*innen aus Kitas, Beratungsstellen, Erzieherischen Hilfen und vielen weiteren Einrichtungen.

 „Psychische Gewalt ist nicht sichtbar, dennoch ist sie eine der am meisten stattfindenden Formen der Kindeswohlgefährdung,“ sagte Renate Schäfer-Sikora, stellvertretende Leiterin des Amts für Soziales und Jugend, die das Plenum begrüßte. „Sie ist oft schwer zu erkennen, deshalb müssen wir sehr sensibel dafür sein und Verantwortung übernehmen. Das bedeutet auch, Hilfe zu holen bei Fachkräften mit besonderer Expertise. Kinderschutz kann nur im Zusammenwirken von Fachkräften gelingen.“

Expert*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen

Deshalb beleuchteten Expert*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen das Thema von allen Seiten und diskutierten die Auswirkungen psychischer Gewalt, rechtliche Kontexte, Interventionsmöglichkeiten, die Rolle sozialer Netzwerke sowie Gewalt in Betreuungskontexten. Den Anfang machte Dr. Gabriele Komesker, Ärztliche Leiterin der Kinderschutzambulanz am Evangelischen Krankenhaus, die unterschiedliche Facetten seelischer Gewalt an Kindern, Auswirkungen und Langzeitfolgen diskutierte. Eine den meisten unbekannte Folge: Neben den psychischen Störungen, die die Lebensqualität erheblich einschränken können, haben Menschen, die psychische Gewalt erlebt haben, aufgrund von erhöhtem gesundheitlichen Risikoverhalten im Schnitt auch eine um 25 Jahre geringere Lebenserwartung, so die Ärztin und Psychotherapeutin.

Stefan Hauschild vom Kinderschutz-Zentrum Köln nahm in seinem Vortrag „Intervention bei psychischer Gewalt“ die Aufgaben und Rollen der verschiedenen Fachkräfte in den Fokus, sowie den Ablauf bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags und passende Hilfen für Eltern und Kinder. Im anschließenden Workshop über psychische Gewalt und Kindeswohlgefährdung im rechtlichen Kontext wurden gemeinsam mit Rechtsanwältin und Verfahrensbeistand Chrysanthi Fouloglidou zentrale Fragen diskutiert: Wie wird psychische Gewalt rechtlich eingeordnet? Welche Maßnahmen können Familiengerichte treffen und wie kann psychische Gewalt in den Verfahren sichtbarer gemacht werden? Anhand von Praxisbeispielen wurde unter anderem deutlich, „dass pädagogische/psychologische Fachkräfte und Jurist*innen nicht immer die gleiche Sprache sprechen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns gut vernetzen und voneinander lernen. Das Ziel für das nächste Jahr sollte sein, dass Düsseldorfer Familienrichter*innen an unserem Kinderschutzfachtag partizipieren“, so Aleksandra Schmidt, Hauptabteilungsleiterin Beratung Erzieherische Hilfen.   

Um soziale Netzwerke und ihre Auswirkungen auf Einsamkeit und psychische Gesundheit ging es im Workshop mit Andreas Pauly, Diplomsozialpädagoge und Referent für Mediensuchtprävention. Schließlich thematisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Jessika Kuehn-Velten, dass der Schutz vor psychischer Gewalt auch außerhalb der Herkunftsfamilie, etwa in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und in Sportvereinen, eine große Rolle spielt und öffnete das Gespräch für das Thema Schutzkonzepte.

Heike Karohl, Organisatorin des Fachtags und erfahrene Fachkraft im Kinderschutz bei der AWO zog am Ende der Veranstaltung ein positives Fazit: „Auch dieser Fachtag hat gezeigt: Kinderschutz betrifft alle. Unser Ziel, dass wir alle noch ein bisschen sensibler für das Thema psychische Gewalt werden und damit verbunden mehr Handlungssicherheit bekommen, haben wir heute erreicht.“  

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