Reportage AiBs

Reportage
Ausgabe #02/2024

Der steinige Weg zum Erfolg: Evripidis Karatzidis’ Kampf um einen Ausbildungsplatz

Warum bekomme ich keinen Ausbildungsplatz? Warum gibt mir niemand eine Chance? Was mache ich falsch? Wie soll es in meinem Leben weitergehen? Diese quälenden Fragen ließen Evripidis Karatzidis, 20 Jahre alt, keine Ruhe. Mit einem Realschulabschluss in der Tasche wusste er zunächst nicht, wohin ihn sein beruflicher Weg führen sollte. Sollte er eine handwerkliche Ausbildung machen, in die IT gehen oder doch lieber in die Verwaltung? Eine berufliche Orientierungsmaßnahme brachte keine Klarheit, und die vielen Bewerbungen blieben erfolglos. Enttäuschung und Selbstzweifel machten sich breit. Beinahe hätte er aufgegeben und sich mit einem ungeliebten Job ohne Ausbildung zufriedengegeben, nur um irgendwie Geld zu verdienen und in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Doch dann hörte Evripidis von „Aktiv ins Berufsleben starten“ (AiBs), einem Projekt, das jungen Menschen Orientierung und Unterstützung bietet.

„Ich konnte wieder an mich glauben“

Durch das Jobcenter kam er in Kontakt mit diesem Projekt und fand endlich die Unterstützung, die er so dringend benötigte. „Ich hatte sofort das Gefühl, dass ich auf jeden Fall eine Lehrstelle finde. Meine Sozialpädagogin war so zuversichtlich und überzeugt, dass ich schnell neuen Mut fasste und endlich wieder an mich glauben konnte“, erzählt Evripidis. Der Weg war dennoch kein leichter. Gemeinsam mit seiner Betreuerin suchte er nach dem passenden Ausbildungsberuf, identifizierte geeignete Betriebe und bereitete sich intensiv auf Bewerbungsgespräche vor. Nach rund dreißig Bewerbungen und zahlreichen Gesprächen hielt er schließlich den ersehnten Ausbildungsvertrag in den Händen. Im August beginnt Evripidis seine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement.

„Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat. ‚Aktiv ins Berufsleben starten‘ war bei mir Programm, denn jetzt kann ich endlich durchstarten“, erklärt er stolz. Für Evripidis war der Schulabschluss eine solide Basis. Doch nicht alle haben solche Startbedingungen. 

Echte Chancen im Leben

Henrike Mönnich-Romund, die Projektleiterin von AiBs, kennt die Herausforderungen junger Menschen: „Zu uns kommen auch viele Jugendliche, die die Schule abgebrochen haben, weil sie sich in dem System „Schule“ nicht zurechtfinden konnten und somit über keinen Schulabschluss verfügen. Einige kämpfen mit psychischen Problemen. Für uns ist es wichtig, diese Jugendlichen aufzufangen und individuell mit ihnen zu arbeiten, damit sie eine echte Chance im Leben bekommen und nicht durchs System fallen.“

Das Projekt, das vom Jugendamt Düsseldorf und dem Jobcenter Düsseldorf gefördert wird, feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Seit 2004 haben mehr als 1.000 Jugendliche durch AiBs Unterstützung erhalten und einen Schulabschluss, eine Ausbildung oder eine andere Qualifizierung erreicht. Die Mischung aus fachlicher Expertise und menschlicher Zuwendung ist der Schlüssel zum Erfolg. „Uns ist es wichtig, auf jeden Teilnehmenden individuell einzugehen und jedem sein eigenes Tempo zuzugestehen. Manchmal braucht ein Jugendlicher einfach etwas mehr Zeit, manchmal geben wir intensive Einzelbetreuung, manche brauchen nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung. Wichtig ist, dass die Jugendlichen uns vertrauen und wissen, dass sie mit all ihren Problemen und Ängsten zu uns kommen können“, betont Mönnich-Romund.

Vertrauen und Zuversicht schenken

In Deutschland gibt es deutlich mehr junge Menschen, die das Schul- oder Ausbildungssystem vorzeitig verlassen, als im EU-Durchschnitt. Im Jahr 2022 lag die Quote der 18- bis 24-Jährigen, die höchstens über einen mittleren oder keinen Schulabschluss verfügten und sich nicht in einer Ausbildung oder Bildungsmaßnahme befanden, bei 12,2 Prozent. AiBs setzt genau an diesem Punkt an. Durch gezielte Unterstützung und individuelle Betreuung wird jungen Menschen geholfen, den Anschluss nicht zu verlieren und eine Perspektive zu entwickeln.

Die Geschichte von Evripidis Karatzidis zeigt, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben und an sich selbst zu glauben – und wie wertvoll die richtige Unterstützung auf dem Weg in die berufliche Zukunft sein kann. 

Sina Betz

Infos zum Projekt

Im Projekt des AWO Berufsbildungszentrums werden Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren auf vielfältige Weise durch sozialpädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte unterstützt: Die Teilnehmenden werden für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt aktiviert und vorbereitet. Dabei helfen intensive Beratungsgespräche zu vielen Lebensthemen sowie unter anderem die Vorbereitung auf den ersten Schulabschluss. AiBs bietet 30 Plätze und im Schnitt nehmen 80 Jugendliche das vielfältige Angebot jedes Jahr an. Die Belegung von durchschnittlich 97 Prozent unterstreicht die Relevanz des Angebots. Mehr als 1.000 junge Menschen fanden in den vergangenen 20 Jahren durch AiBs eine Ausbildung, holten ihren Schulabschluss nach oder wurden auf andere Weise weiterqualifiziert.

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